Das Gemälde der ACOMIS

Man könnte ihn mit der umgedrehten Baseballkappe und dem schwarzen T-Shirt mit den weißen Farbflecken aus Versehen auch für einen der Handwerker halten, die in großer Zahl durch den Neubau eilen, um den Seminar und Bürobereich der zukünftigen „Academy of Comparative Migration Studies“ fertig zu stellen. In der sollen Forschende in Kooperation mit Universitäten Raum für wissenschaftliches Arbeiten haben, sich Erwachsene über Migration fortbilden können und Platz für Workshops und Projekte mit Kindern und Jugendlichen sein.

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Nur steht der junge Mann mit dem Bart und dem langen Haar vor der Mittelsäule des Treppenaufgangs und betrachtet prüfend, was daran angebracht wurde. Am Vortag wurden drei quadratische Leinwände von 2,2 Metern Breite angeliefert und von den Handwerker:innen vor Ort anhand der Skizze des Künstlers so präzise wie möglich übereinander aufgehängt. Obwohl die Ölfarbe darauf noch leicht feucht war. „Ölfarbe braucht mindestens eine Woche, um trocken zu sein“, erklärt mir Justus von Karger, der Künstler. Ein Glück, dass beim Aufhängen weder Bild noch Wand etwas passiert ist. Doch die Zeit war leider knapp, denn die Eröffnung rückt stündlich näher und das große Wandgemälde von über sechseinhalb Metern sollte ab dem ersten Besuchstag an Ort und Stelle sein. Mit Nachtschichten hatte der Kieler an den Leinwänden, die ihm vom Deutschen Auswandererhaus angefertigt und geliefert wurden, gearbeitet. Als ganze Bildergruppe kann er seine Arbeit hier selbst das erste Mal ( auch jenseits seines Entwurfs betrachten) - sein Atelier war leider etwas zu klein um alle drei Leinwände hintereinanderzulegen.

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Vor einem guten Monat stand das ganze Motiv in Absprache mit Studio Andreas Heller Architects & Designers und dem Deutschen Auswandererhaus fest. Seitdem arbeitete er an dem faszinierenden Motiv: eine dunkle Bahnstation mit ruhigen, fast schläfrigen Menschen. Ein Junge der sich hinter einer Säule versteckt. Eine Familie? Die Farbe Rosarot. Verwachsene Schienen. Darüber lässt ein junger Mensch mit Handy in der Hand unter blauem Himmel die Beine herunterbaumeln, schaut in die Ferne. Ein Zug der Wandernden. Flugzeuge … Die Geschichte wird von unten nach oben verworrener, geheimnisvoller. Doch Themen wie Migration, Nähe und Ferne, Bewegung und Stillstand sind wie rote Fäden in dem Bild, dem man viel Zeit widmen kann.

Justus von Karger, der schon einmal auf dem Festival Junge Kunst in Hamburg ausgestellt hat und auch als Illustrator arbeitet, hat sich vom der Melancholie des amerikanischen Künstlers Edward Hopper inspirieren lassen, von Surrealismus Michael Endes und dessen Maler-Vater Edgar Ende. Und er hat sich viele Gedanken zu diesem besonderen Ort gemacht: was es bedeutet als Künstler ohne unmittelbare, eigene Migrationsgeschichte etwas für ein Migrationsmuseum zu schaffen, an eigene Erfahrungen als Illustrator aus einem antirassistischen Projekt. Die vielen Gedanken und Ideen, die einflossen, lassen sich schnell erahnen. Und mit etwas Glück inspirieren sie bald unterschiedlichste Menschen in der ACOMIS.

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