Esperanza Korten
geb. Garcia
* 1959 in Manila/Philippinen
Einwanderung nach Bremerhaven: 1984
Esperanza Relatado Garcia wird 1959 auf den Philippinen geboren. Nach dem Unfalltod ihrer zweijährigen Zwillingsschwester Caridad wächst Esperanza als wohlbehütetes Nesthäkchen von sechs Geschwistern auf. Sie besucht die katholische Mädchenschule, macht 1978 ihren Realschulabschluss. Im Anschluss möchte Esperanza den Beruf der Krankenschwester erlernen, doch sie fügt sich den Wünschen ihres Vaters und besucht stattdessen die Hauswirtschaftsschule in Manila. Hier hatte Vater Vicente eine kleine Wohnung angemietet, um seinen Kindern den weiten Weg vom Elternhaus im ländlichen Manila hin zu den Schulen und Universitäten in der Hauptstadt zu ersparen. Als Esperanza die Wohnung bezieht, sind die älteren Geschwister bereits fertig mit der Ausbildung. So bewohnt die junge Frau gemeinsam mit einer Freundin die Zimmer in der Stadt. Lebenslustig und neugierig erkundet sie nach der Schule, und später nach der Arbeit, die vielfältigen Freizeitmöglichkeiten.
Esperanza Korten, 2020.
Während dieser Jahre sterben beide Elternteile. Esperanzas Geschwister, die mittlerweile in Amerika, Australien, Saudi-Arabien und Deutschland leben, beginnen sich um die kleine Schwester zu sorgen – „weil ich alleine auf den Philippinen war, und immer Halligalli gemacht habe“, erinnert sich Esperanza heute schmunzelnd. Hinzu kommt die schwierige politische Situation unter der Marcos-Diktatur, die Unruhen und sein radikales Vorgehen gegen Andersdenkende. Auch Esperanza gehört zu den Befürworter*innen des Oppositionsführers Benigno Aquino, trägt als Symbol dafür gelbe Schleifen, beteiligt sich freitags an den stattfindenden Demonstrationen und verliert deshalb sogar einen Job.
Die Geschwister beschwören sie einstimmig: „Du hast noch die Chance, rauszukommen – geh jetzt!“
Esperanza lässt sich schließlich, wenn auch wiederwillig, überzeugen. Ihr Wunschziel ist Amerika, doch es ist ihre Schwester Consolacion in Cuxhaven, die ihr ein Flugticket besorgt.
Ankunft mit Hindernissen
Am 28. November 1984 macht sie sich auf den Weg nach Deutschland – eine Reise, die zu einem kleinen Abenteuer werden soll. Ihr Flug von den Philippinen hat acht Stunden Verspätung, in Amsterdam muss sie weitere drei Stunden Wartezeit in Kauf nehmen. Als sie schließlich am nächsten Tag in Bremen landet, ist es halb elf Uhr abends. Der Flughafen soll geschlossen werden, ihr Gepäck erhält sie erst am nächsten Tag. Doch es kommt noch schlimmer: Aufgrund der unklaren Ankunftszeit ist Niemand am Flughafen, um die junge Frau abzuholen.
Ohne Deutschkenntnisse und nur ausgestattet mit Dollars versucht Esperanza, einen Taxifahrer zu einer Fahrt nach Cuxhaven zu bewegen, was dieser jedoch ablehnt. Eine Spaziergängerin, die ihren Hund ausführt und die verzweifelte Lage von Esperanza erfasst, bietet ihr auf Englisch Hilfe an. Kurz zögert Esperanza; doch welche Wahl hat sie? Es ist verschneit und kalt, sie ist nur bekleidet mit einer dünnen Jacke, ist übermüdet und fühlt sich hilflos. Die Spaziergängerin, Elisabeth, nimmt sie mit in ihr Haus ganz in der Nähe des Flughafens. Dort kann Esperanza sich an dem kleinen Hausofen wärmen und trinkt das erste Mal in ihrem Leben Pfefferminztee. Wenige Stunden später holen sie ihre Schwester und ihr Schwager dort ab; am nächsten Tag bekommt sie auch ihr Gepäck. Die ersten Monate wohnt Esperanza in Cuxhaven bei ihrer Schwester, versucht sich in ihrer neuen Umgebung einzufinden.
Zwei Söhne und viele Neuanfänge
Ihre Schwester legt ihr allerdings bald Nahe, zu heiraten, denn „ein Mädchen sollte nicht alleine sein“ und schließlich wolle Esperanza doch auch Kinder. Esperanza ist unsicher, doch ihr Schwager agiert ganz im Sinne seiner Frau und gibt eine Heiratsannonce in der Tageszeitung auf. So lernt Esperanza ihren späteren Ehemann kennen, zieht zu ihm nach Bremerhaven und heiratet 1986. Die beiden Söhne Vincent und Marvyn, die 1987 und 1989 zur Welt kommen, machen die kleine Familie komplett. Doch die Ehe verläuft nicht glücklich. Als ihre Söhne in den Kindergarten kommen, fängt Esperanza wieder an zu arbeiten. Zunächst sind es Aushilfsjobs, schließlich bekommt sie eine feste Anstellung im Altersheim, wird dort stellvertretende Hauswirtschaftliche Leiterin und bleibt 13 Jahre. Mit der Arbeit und der wachsenden Verantwortung, die sie übertragen bekommt, wachsen auch ihre Kontakte und ihre Unabhängigkeit. Im Jahr 2000 bekommt sie die deutsche Staatsbürgerschaft, und 2003 entschließt sie sich zur Trennung von ihrem Mann. 2012 gibt sie ihre Arbeitsstelle im Altersheim auf und wechselt ins Deutsche Auswandererhaus, wo sie seitdem die Leitung der Hauswirtschaft innehat.
Deutschland ist nicht nur Esperanzas Heimat geworden, es hat ihr auch das Beste in ihrem ganzen Leben beschert: ihre beiden Söhne.