Jaroslav Böhm
* 1881 in Zvoleněves (Österreich-Ungarn)
† 1946 in Bremerhaven
Einwanderung nach Bremerhaven: 1907
Böhm heißt er mit Nachnahmen, aus Böhmen kommt er. So viel ist sicher. Mit seinem Vornamen fängt es dann aber an. „Jaroslav“, so sagt und schreibt seine Enkelin Brigitte Böhm. Im Adressverzeichnis der Stadt Bremerhaven, in die er als Mittzwanziger eingewandert ist, steht er als „Jareslaw“. Die Angaben zu seinem Geburtstag variieren um einen Tag: Am 30. oder am 31. Mai 1881 kam er zur Welt, und zwar – da gibt es keine Abweichungen in den Dokumenten – in Zvoleněves. Das böhmische Dorf gehörte im Jahr seiner Geburt zu Österreich-Ungarn, und das tat es auch noch, als Jaroslav Böhm es wohl im Winter 1906/07 für immer verließ. In Lehe war er im Februar 1907 zum ersten Mal gemeldet.
Jaroslav Böhm, um 1924
Was ihn nach Bremerhaven verschlug, ist ungewiss. Brigitte Böhm, die ihren Großvater nicht mehr persönlich kennen gelernt hat, weiß aus Erzählungen ihres Vaters, dass er damals ins Deutsche Reich ging, um Arbeit zu finden. Nicht unwahrscheinlich, dass der gelernte Sattler darauf hoffte, im boomenden Bremerhavener Schiffbau unterzukommen. Über seinen pragmatischen Charakter gibt eine Familienerzählung Auskunft: An der Grenze zum Deutschen Reich wurde er wegen seiner Geige aufgehalten – die, so wurde er belehrt, müsse nämlich versteuert werden, wenn er sie mitnehmen wolle.
„Na, dann nicht“, habe er daraufhin gesagt und die Geige kurzerhand über dem Knie zerbrochen.
So sei es eben statt eines Instrumentes Bruchfeuerholz gewesen, das er über die deutsche Grenze brachte …
So viel bekannt ist, hat Jaroslav Böhm in Bremerhaven Arbeit als Autolackierer gefunden. Der Sattler wusste sich also zu helfen. Die Berufsbezeichnung „Maler“ steht auch, rund 40 Jahre später, in seinem Eintrag im Sterberegister.
Was sicher ist: Aus Bremerhaven-Lehe ging der Böhme nicht mehr weg! Aus Zvoleněves folgten ihm zunächst seine Eltern; und dann holte er seine Verlobte Barbara nach. Auch sie kam aus Böhmen. Die beiden heirateten in Lehe am
1. März 1908. Von den laut Melderegister insgesamt sechs Kindern erreichten nur zwei das Erwachsenenalter: Cäcilie und Helmut. Neben dem frühen Tod von vier Kindern hatte Jaroslav Böhm 1928 auch den Tod seiner Frau zu verkraften.
Auch wenn Jaroslav Böhm Bremerhaven (bzw. Wesermünde) nur für kurze Reisen verließ, wechselte seine Staatsangehörigkeit mehrmals, ganz ohne sein Zutun – der Eintrag unter seinem Namen im Melderegister der Stadt Bremerhaven spiegelt die Geschichte seiner Zeit wider. War er 1907 als „Österreicher“ eingewandert, erhielt er nach dem Zerfall Österreich-Ungarns 1918 die „tschechoslowakische“ Staatsangehörigkeit; nach der nationalsozialistischen Annexion des tschechischen Teils der Tschechoslowakei im März 1939 wurde er dann „Reichsdeutscher“. Zwar erlebte er noch das Ende des Zweiten Weltkriegs, aber dass er offiziell wieder „Tschechoslowake“ werde, dazu kam es nicht mehr. Am Vormittag des 5. Januar 1946 starb Jaroslav Böhm im Hausflur eines Leher Wohnhauses mit 64 Jahren.