Szenenbild
Die Patina
Die Besucher:innen des Erlebnismuseums werden sich künftig nach der Ankunft im Grand Central Terminal in einer Ladenpassage des 20. Jahrhunderts vorfinden. Bevor der erste Gast diesen Ort jedoch entdecken darf, führt Hannah Landes hier ihre Arbeiten durch. Sie patiniert dabei die detailgetreu rekonstruierten Inszenierungen, um ein wirklichkeitsgetreues Abbild zu erschaffen. Die gelernte Tischlerin gibt den Ausstellungsräumen den letzten Feinschliff und erzählt dadurch auf künstlerische Art und Weise verschiedene Geschichten.
Als freie Bühnenbildnerin arbeitet sie für Film, Theater und Museen. Nach ihrem Studium „Bühnenbild und Kostüm“ an der Akademie der bildenden Künste in Wien, war sie für verschiedene Projekte in Deutschland und Europa unterwegs. Unter anderem wirkte sie am Thalia Theater in Hamburg sowie am Theaterstück „Enron“ am Stadttheater Bremerhaven mit. Mit dem Deutschen Auswandererhaus pflegt Hannah Landes eine langjährige Zusammenarbeit – schon bei der Eröffnung des Museums 2005 und der Gestaltung des ersten Erweiterungsbaus 2012 war sie hier als Szenenbildnerin tätig.
Im Grand Central Terminal können Besucher:innen auch einen Delikatessenladen Ende der 1950er Jahren entdecken. Als Vorbild für diese Rekonstruktion diente das New Yorker Geschäft des Ehepaares Hinrich und Inge Carstensen. Mitte des 20. Jahrhundert verließen sie ihre Heimatinsel Föhr und wanderten nach Amerika aus, wo sie in ihrem sogenannten „Deli“ erfolgreich deutsche Speisen zum Verkauf anboten. Bevor der „Deli“ fertig gestellt ist, übt Hannah Landes hier ihre letzten Arbeiten aus, um die Inszenierung zu perfektionieren.
Detailarbeit an den Inszenierungen
Eine kleine Kiste aus Holz hat sie bei ihren Arbeiten immer griffbereit neben sich stehen. Denn in dieser befindet sich für die gebürtige Hamburgerin ihr wichtigstes Werkzeug: Schleifpapier, etwas Farbe und ein Stofftuch. Manchmal nimmt sie auch Kaffee oder Tee mit - als weiteres Färbemittel eignen sich diese beiden Getränke hervorragend. Mit diesen Hilfsmitteln und vor allem mit ihren Händen bearbeitet sie die Rekonstruktion in Feinarbeit. Das Anfassen des Materials – sei es Papier, Holz oder Metall – führt dazu, dass der gewünschte Effekt eintritt, es sieht abgenutzt aus. Kanten abschleifen oder mit ihren Händen einen Abdruck an den Ausstellungswänden hinterlassen gehören zu ihren täglichen Aufgaben. Jede Abnutzungsspur wählt sie mit Bedacht aus: eine abgelaufene Türschwelle am Eingang, ein Kratzer im Holz oder die abgenutzte Kasse. Mit Liebe zum Detail erweckt sie den Laden zum Leben.
Angst davor die Rekonstruktionen zu beschädigen, darf sie dabei nicht haben. Schließlich folgt Hannah Landes immer dem Leitsatz, dass ihre Arbeit keine Zerstörung verursacht. Vielmehr haucht sie den Möbeln das Leben ein, welches sie verdienen. Der Ausstellungsraum erhält dadurch den Anschein, als wäre er nicht nur eine Rekonstruktion, sondern er wirkt wie der wahrhaftige Delikatessenladen der Carstensens. Wenn ihre Inszenierungen real wirken, hat sie das Ziel ihres Handwerks erreicht. Denn schlussendlich ist es die Kunst, den Besucher:innen ein reales Gefühl des Feinkostgeschäfts zu vermitteln. Sie sollen sich als Personen fühlen, die den Laden miterleben und sich als Teil des Ausstellungsraumes sehen – als wären sie selbst Eingewanderte in New York, die dort einkaufen.