Objekt des Monats

Jedes Objekt in der Sammlung des Deutschen Auswandererhauses erzählt eine ganz persönliche Auswanderungs- oder Einwanderungsgeschichte. In dieser Rubrik stellen wir Ihnen jeden Monat ein anderes Objekt vor – eine Fotografie, ein Dokument oder ein persönliches Erinnerungsstück.

August 2024

Brautschuhe der Marke Hoffmann, 1989

Größe

 13,3 x 9,5 x 26 cm

Material

Leder

Schenkung

José Angel und Bettina Agüero Villegas

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Historische Einordnung

Das Vorspiel zur Geschichte von José Angel und Bettina Agüero Villegas, Jahrgang 1964 und 1963, beginnt am 7. Oktober 1949, dem Tag der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik, kurz DDR. Nach der Teilung Deutschlands in den demokratischen ‘Westen’ (BRD) und den sozialistischen ‘Osten’ (DDR), entwickeln sich die beiden Staaten vor dem Hintergrund des Kalten Krieges in unterschiedlichen ideologischen Bahnen

Die DDR war ein sowjetischer Satellitenstaat, samt Einheitspartei, Planwirtschaft und kommunistischer Gesinnung der seine internationalen Beziehungen mit anderen sozialistischen ‘Bruderländern’ aus verschiedensten Motiven heraus stärken will.,. Seit der Revolution der kommunistischen Truppen unter Fidel Castro, unterhält die DDR seit 1959 auch Kontakte zum Inselstaat Kuba. Die Migration zwischen den Ländern, vornehmlich von kubanischen Arbeitsmigrant:innen in Richtung DDR, wird dabei durch bilaterale Verträge geregelt.

Bis 1990 kommen insgesamt etwa 30.000 Kubaner:innen in die DDR. Unter ihnen sind Arbeitsmigrant:innen und Studierende, aber auch Hochqualifizierte, die als Übersetzer:innen in Fabriken oder in kubanischen Auslandsvertretungen tätig sind.

Entsprechend unterscheiden sich die Erfahrungen der Kubaner:innen in der DDR. Für manche bietet die technologisch und wissenschaftlich weit entwickelte DDR neue Chancen für ein Studium und andere Formen von  Aus- und Fortbildung. Für andere, besonders die als einfache Arbeiter:innen migrieren, leiden unter rassistischer Diskriminierung durch die Bevölkerung, sozialer Isolation und den allgegenwärtigen Repressionsmechanismen des totalitären Regierungsapparat der DDR.

Nach dem Mauerfall am 9. November 1989 ruft Kuba seine Staatsangehörigen zurück. Die meisten Kubaner:innen folgen der Anweisung. Dennoch kehren einige von ihnen in den 1990er Jahren in das wiedervereinigte Deutschland zurück, - vor allem diejenigen, die in der DDR geheiratet haben.

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Kurzbiographie

José Angel Agüero Villegas wird am 1.7.1964 in der kubanischen Großstadt Santa Clara geboren. Zunächst hegt der begeisterte Judoka den Gedanken Sportlehrer zu werden, doch sein Interesse für Mathematik und Physik führt dazu, dass er sich für ein Studium im Ausland bewirbt. An der Technischen Hochschule und später der Pädagogischen Hochschule in Dresden studiert José Angel ab 1984 Kybernetik, Mathematik und Rechentechnik und lernt dort seine spätere Ehefrau Bettina kennen.

Bettina, Jahrgang 1963 aus Großenhain, hat eine “klassische DDR-Ostkind-Erziehung erfahren dürfen” und für sich schon früh entschieden, dass sie Lehrerin werden möchte. Sie studiert ebenfalls an der Pädagogischen Hochschule Dresden Deutsch und Kunst auf Lehramt, als José Angel und sie sich an einem Septembernachmittag Mitte der 80er Jahre begegnen.

Obwohl die beiden sich füreinander entscheiden, sind ihnen die möglichen Schwierigkeiten einer internationalen Beziehung in den 1980er Jahren in der DDR bewusst: „Es war ja durchaus nicht üblich, sich mit einem ‚Fremden‘ einzulassen.“ erzählt Bettina „Und wenn du es dann tatst und das Ganze scheiterte, dann warst du stigmatisiert für den Rest deines Lebens. Also, das klingt jetzt sehr dramatisch, aber du hast das gesehen bei den Frauen, vor allem in den kleinen Örtchen.”

Bedeutung des Objekts

Die Regierungen Kubas und der DDR missbilligen derartige Verhältnisse. „Internationale Solidarität ja, aber fang ja nichts mit einem Ausländer an!“ – so lautet die Devise für Bettina und viele Frauen der DDR. Trotzdem gelingt dem jungen Paar die Eheschließung und Familiengründung. Am 11.02.1989 heiraten Bettina und José Angel trotz aller Widrigkeiten standesamtlich und feiern in Elsterwerda, einer Kleinstadt nördlich von Dresden.

Nachdem José Angel sein Studium beendet hat, muss er nicht nur die DDR verlassen, sondern sich auch auf unbestimmte Zeit von seiner Familie verabschieden. Bettina bleibt mit den Kindern in Deutschland zurück. Im August 1990, kurz vor der deutschen Wiedervereinigung, kommt es schließlich zur Familienzusammenführung.

Die Schuhe gehören zu Bettinas Hochzeitsoutfit und stehen sinnbildlich für ihre Standhaftigkeit, nicht nur angesichts staatlicher Bevormundung, welchen Menschen man zu lieben habe und wen nicht, sondern auch angesichts rassistischer und diskriminierender Verurteilungen ihrer Beziehung durch deutsche Mitbürger:innen vor wie nach der Wiedervereinigung von BRD und DDR.

Haben auch Sie …

… eine Aus- oder Einwanderungsgeschichte Ihrer Familie zu erzählen und möchten diese mit den dazugehörigen Objekten und Dokumenten dem Deutschen Auswandererhaus für seine Sammlung übergeben? Dann kontaktieren Sie bitte Dr. Tanja Fittkau unter der Rufnummer 0471 / 90 22 0 – 0

oder per E-Mail unter: t.fittkau@dah-bremerhaven.de

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