Objekt des Monats

Jedes Objekt in der Sammlung des Deutschen Auswandererhauses erzählt eine ganz persönliche Auswanderungs- oder Einwanderungsgeschichte. In dieser Rubrik stellen wir Ihnen jeden Monat ein anderes Objekt vor – eine Fotografie, ein Dokument oder ein persönliches Erinnerungsstück.

Februar 2020

Seefahrtsbuch aus dem Jahr 1903

Anlässlich des 9. Februars, dem Tag der Zahnschmerzen

Material

Papier

Maße

21,8 cm x 13,5 cm

geöffnet: 21,8 cm x 27,2 cm

Schenkung

Gisela Burkhardt

Seefahrtsbuch-Titel-COPYRIGHT-Gisela-Burkhardt

Seefahrtsbuch-COPYRIGHT-Gisela-Burkhardt

Historische Einordnung

Zur Besatzung eines deutschen Passagierdampfschiffes zählte im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts auch ein Barbier. Heinrich Sengebusch kümmerte sich in dieser Tätigkeit nicht nur um die Haar- und Bartpflege der Passagier:innen und der Besatzung, sondern führte oft auch kleinere medizinische Zahnbehandlungen durch.

Kurzbiographie Heinrich Julius Ferdinand Sengebusch

Heinrich Julius Ferdinand Sengebusch wurde am 11. Oktober 1855 in Greifenberg im heutigen Polen als Sohn eines Nadlermeisters geboren. Als junger Mann erlernte er das Handwerk der Barbiere und fand Anstellung beim Norddeutschen Lloyd in Bremen. Ab 1873 fuhr er von Bremerhaven aus regelmäßig über den Atlantik nach New York. 1885 wanderte Heinrich schließlich gemeinsam mit seiner zukünftigen Frau Elise in die USA aus, um dort am Dental Department of the University of Maryland Zahnmedizin zu studieren. Nach Heinrichs erfolgreichem Abschluss kehrten sie zurück nach Bremerhaven. Am 1. Oktober 1891 eröffnete er dort eine Zahnarztpraxis und warb mit seiner amerikanischen Ausbildung um Patienten. Diese blieben jedoch aus. Bereits im November 1892 fuhr Heinrich wieder auf Schiffen des Norddeutschen Lloyd und in seinem alten Beruf als Barbier zur See. Auf der Überfahrt der „Kaiser Wilhelm II“ von New York nach Genua, Italien, begegnete er im Mai 1893 dem amerikanischen Schriftsteller Mark Twain, der unter starken Zahnschmerzen litt. Heinrich befreite ihn von seinem Leid und erhielt als Dank dafür eine Erstausgabe des Buches „The Million Pound Bank Note“ mit einer persönlichen Widmung vom Autor:

„Auf Wiedersehen, Truly Yours, Mark Twain, May ’93.“

Heinrich versah seinen Dienst als Barbier des Norddeutschen Lloyd noch bis zum Ersten Weltkrieg. Er verstarb nach schwerer Krankheit am 23. Juni 1923 im Alter von 67 Jahren.

Bedeutung des Objekts

Amtliche Dokumente sind unverzichtbarer Bestandteil von Migration und eine wichtige Quelle für deren Erforschung. So sind in Seefahrtsbüchern Angaben zur Person, Vermerke über deren Tätigkeiten an Bord, den dafür erhaltenen Verdienst und die befahrenen Schiffe vermerkt. Daraus lassen sich sowohl die Identität als auch die Fahrten des Inhabers und entsprechend diejenigen einzelner Passagierschiffe erschließen. Zugleich ist das hier vorliegende Seefahrtsbuch von Heinrich Sengebusch aus dem Jahr 1903 aber auch ein persönliches Erinnerungsstück von Gisela Burkhardt an ihren Urgroßvater, der den weltberühmten Schriftsteller Mark Twain von Zahnschmerzen befreite.

Haben auch Sie …

… eine Aus- oder Einwanderungsgeschichte Ihrer Familie zu erzählen und möchten diese mit den dazugehörigen Objekten und Dokumenten dem Deutschen Auswandererhaus für seine Sammlung übergeben? Dann kontaktieren Sie bitte Dr. Tanja Fittkau unter der Rufnummer 0471 / 90 22 0 – 0 oder per E-Mail unter: t.fittkau@dah-bremerhaven.de

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