Objekt des Monats
Jedes Objekt in der Sammlung des Deutschen Auswandererhauses erzählt eine ganz persönliche Auswanderungs- oder Einwanderungsgeschichte. In dieser Rubrik stellen wir Ihnen jeden Monat ein anderes Objekt vor – eine Fotografie, ein Dokument oder ein persönliches Erinnerungsstück.
Januar 2025
Schülerbuch „English for newcomers to Australia“, 1956
Größe | 21,4 x 14 x 1,8 |
Material | Papier, Pappe |
Schenkung | Familie Beste |
Historische Einordnung
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs herrscht in Australien Arbeitskräftemangel, deshalb wirbt die Regierung im Ausland um Fachkräfte. Es werden Abkommen mit verschiedenen europäischen Ländern geschlossen, 1952 auch mit der Bundesrepublik Deutschland. Australien ist das einzige Land, mit dem die deutsche Regierung ein Abkommen zur Auswanderung nach Übersee abschließt.
Kurzbiographie
Die Entscheidung zur Auswanderung fällt Familie Beste acht Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs: Im Nachkriegsdeutschland herrscht zu diesem Zeitpunkt noch immer hohe Arbeitslosigkeit und Wohnungsnot. Auch Vater Otto verliert in Nordenham seine Arbeit als Schlosser. Von Bekannten, die nach Australien ausgewandert sind, erfährt die Familie, dass es dort Arbeit „en masse“ geben soll. Die Eltern überlegen hin und her. Als Tochter Dagmar an einer Lungenentzündung erkrankt und der Arzt den Eltern ein wärmeres Klima empfiehlt, sagen sie schließlich zu ihren Kindern: „Lasst uns den Schritt wagen.“
Gemeinsam mit ihren drei Töchtern Ingeborg (14 Jahre), Dagmar (9 Jahre) und Brigitte (2 ½) gehen der 46-jährige Otto Beste und seine 38-jährige Frau Emmy am 8. Mai 1954 in Bremerhaven an Bord des Auswandererschiffs „MS Fairsea“, das sie nach Melbourne bringt. Zunächst geht es für die Familie in das Aufnahmelager Bonegilla. Nach drei Wochen erhält der Vater Arbeit in Newcastle, nördlich von Sydney. Drei Monate lebt die Familie im Küstenort Nelsons Bay, dann ziehen sie nach Wallsend um, einem kleinen Vorort von Newcastle.
Obwohl sich die Familie schnell in den australischen Alltag einlebt, hat Mutter Emmy immer wieder große Sehnsucht nach ihrer alten Heimat und ihrer zurückgebliebenen Familie. 1963 fährt sie mit Tochter Brigitte zu Besuch nach Deutschland. Seitdem denkt sie immer häufiger über eine endgültige Rückkehr nach. 1969 schließlich entscheidet sich Familie Beste, gemeinsam nach Deutschland zurückzukehren.
Bedeutung des Objekts
Die australische Regierung legt großen Wert auf die Vorbereitung der neuen Einwandernden, zu der auch der Englisch-Unterricht gehört; erste Stunden erhalten diese bereits an Bord der Auswandererschiffe. Das australische Ministerium für Einwanderung lässt sich vom Bildungsamt eigene Lehrbücher für den Sprachunterricht ausarbeiten - Sprachverständnis ist für Einwandernde ein wichtiger Faktor zur Teilhabe an der Gesellschaft: sei es im Schul- oder Arbeitsalltag, beim Einkaufen, dem Verständnis von Nachrichten oder auch bei Behördengängen.
Die älteste Tochter Ingeborg Beste sieht der von den Eltern beschlossenen Auswanderung nach Australien mit gemischten Gefühlen entgegen. Die Vierzehnjährige ängstigt die Vorstellung, in ein Land zu ziehen, dessen Sprache sie nicht spricht, und sie hat viele schlaflose Nächte deswegen. Die ersten Englischstunden bekommt auch sie während der Überfahrt. Wenige Monate nach ihrer Ankunft in Australien arbeitet Ingeborg als Reinigungskraft in einem Schwesternwohnheim. Dort wird die Oberschwester zunächst aufmerksam auf die sprachlichen Schwierigkeiten der jungen Frau, und schließlich zu ihrer Mentorin. Sie holt Ingeborg an den Empfang, damit diese schneller Englisch lernt. Nach anfänglicher Überwindung macht Ingeborg die Arbeit große Freude. Dennoch kehrt sie 1969 gemeinsam mit ihrer Familie zurück nach Bremerhaven. Die in Australien erworbenen Sprachkenntnisse kann sie nun beruflich beim Norddeutschen Lloyd einsetzen.
Haben auch Sie …
… eine Aus- oder Einwanderungsgeschichte Ihrer Familie zu erzählen und möchten diese mit den dazugehörigen Objekten und Dokumenten dem Deutschen Auswandererhaus für seine Sammlung übergeben? Dann kontaktieren Sie bitte Dr. Tanja Fittkau unter der Rufnummer 0471 / 90 22 0 – 0
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