Objekt des Monats

Jedes Objekt in der Sammlung des Deutschen Auswandererhauses erzählt eine ganz persönliche Auswanderungs- oder Einwanderungsgeschichte. In dieser Rubrik stellen wir Ihnen jeden Monat ein anderes Objekt vor – eine Fotografie, ein Dokument oder ein persönliches Erinnerungsstück.

Juni 2025

Münze (Rubel), nach 1983

Größe

3 x 3 x 0,3 cm

Material

Kupfer/Nickel

Schenkung

Dr. Zurab Aloian

Kurzbiographie

Seit 2010 arbeitet Dr. Zurab Aloian an der Inge Katz Schule in Bremen, wenn er von dem Schuldienst berichtet, sieht er seine Migrationserlebnisse klar als Expertise besonders für sein Berufsfeld. Dabei schaut der geborene Georgier auf unterschiedlichste Mobilitätserfahrungen zurück. 1968 wird er in Rustawi als ältester von vier Kindern inmitten des Kalten Krieges geboren. Seine Kindheit beschreibt er als glücklich geprägt von einem Gefühl von Geborgenheit, rückblickend aber auch als „politisch systematisch arrangiert und indoktriniert“. Bereits während seiner Schulzeit träumt er vom Studium der Orientalistik, und zwar in St. Petersburg.

„Sankt Petersburg war für mich magisch!“

Seinem Traum folgend beginnt Zurab Aloian dort seine akademische Laufbahn, muss jedoch, als der Militärdienst für Studierende eingeführt wird, zwei Jahre zwischen 1986-1988 das Studium unterbrechen. Eingesetzt wird er unter anderem in Belarus in der Nähe der polnischen Grenze um den Bau verschiedener Gebäude, die dem politischen Regime als Überwachung und Abwehr der USA dienen sollen, zu planen.

Darauf nimmt er sein Studium wieder auf. Nach seinem Abschluss beschließt er erneut zu migrieren und wechselt an die Central European University nach Budapest. Während seines Studiums wird 1991 sein erster Sohn Jakov, der heute in Israel lebt, geboren. Als Doktorand reist Zurab Aloian das erste Mal innerhalb eines Stipendiums nach Deutschland und arbeitet hier zum Thema Islamische Welt in der Moderne. Vorrangig um seine Freund:innen aus Litauen und Estland zu unterstützen, nimmt er 1991 an Studierendendemonstrationen, die sich für die Unabhängigkeit der baltischen Staaten einsetzen, teil und erlebt den Augustputsch in Moskau mit.

Nach Auflösung der Sowjetunion arbeitet er weiterhin an seiner Doktorarbeit. Im Jahr 2002, nach Beendigung seiner Dissertation, migriert Dr. Zurab Aloian zu seiner Frau Gülsüm nach Bremen. Die beiden hatten sich während eines kurzen Deutschlandaufenthaltes zum Spracherwerb kennengelernt und im Jahr 2001 in Dänemark geheiratet. Im Jahr darauf wird der gemeinsame Sohn Zana geboren.

Den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit 2007 beschreibt Zurab Aloian als emotional schmerzhaftes Ereignis, da er hierfür seine georgische Staatsbürgerschaft aufgeben musste. Er ist bis heute neben seinem Beruf als Lehrer wissenschaftlich besonders zur kurdischen Geschichte und aktivistisch im gewerkschaftlichen Rahmen tätig.

Historische Einordnung

Seine Forschungsarbeit widmet Dr. Zurab Aloian der kurdischen Geschichte. Dabei fokussiert er die Dokumentation sozial-kultureller Aspekte der Vergangenheit und arbeitet in verschiedenen Ländern, um unterschiedlichste Quellen in seinen Werken zusammenzutragen. Seine Familiengeschichte hat ihre Ursprünge in Armenien, von wo seine Vorfahren im 19. Jahrhundert durch die Regierung aufgrund ihrer Identifikation als jesidische Kurden vertrieben werden und in Georgien Schutz finden. Pogrome werden am Ende des 19. bis zur Zeit des Ersten Weltkrieges an der Bevölkerung Armeniens durch die Regierung begannen. Bereits seit dem 15. Jahrhundert ist jesidische Diskriminierung, Zwangskonversion und Verfolgung aufgrund bestimmter Glaubenspraktiken belegt.

Dr. Zurab Aloian wächst in der Georgischen Sowjetrepublik (kurz: GSSR/GSR), die im Jahr 1921 unter Josef Stalin ausgerufen wird, auf. Am 09. April 1991 erklärt Georgien seine Unabhängigkeit und somit den Austritt aus der zerfallenden Sowjetunion. Im Dezember des gleichen Jahres wird die Auflösung der UdSSR offiziell beschlossen.

Bedeutung des Objektes

Zwei Dinge verbindet Zurab Aloian, bevor er in die Bundesrepublik einwandert, mit Deutschland: die Musik, besonders Werke von Ludwig van Beethovens und die politische Lehre von Karl Marx. Beide Aspekte spielen in seinem alltäglichen Leben in Georgien eine zentrale Rolle doch beschreibt er seine Kenntnisse über Deutschland zu dieser Zeit als sehr gering. Heutzutage, als deutscher Staatsbürger, betrachtet er seine bisherige Lebensgeschichte von verschiedensten Seiten und berichtet als Zeitzeuge von den gesellschaftlichen Umständen, die er in unterschiedlichen Staaten miterlebt hat. Die Münze symbolisiert also auch die erworbenen Kenntnisse, die Menschen durch Migrationserfahrung erhalten und weitergeben können.

Haben auch Sie …

… eine Aus- oder Einwanderungsgeschichte Ihrer Familie zu erzählen und möchten diese mit den dazugehörigen Objekten und Dokumenten dem Deutschen Auswandererhaus für seine Sammlung übergeben? Dann kontaktieren Sie bitte Dr. Tanja Fittkau unter der Rufnummer 0471 / 90 22 0 – 0

oder per E-Mail unter: t.fittkau@dah-bremerhaven.de

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