Objekt des Monats

Jedes Objekt in der Sammlung des Deutschen Auswandererhauses erzählt eine ganz persönliche Auswanderungs- oder Einwanderungsgeschichte. In dieser Rubrik stellen wir Ihnen jeden Monat ein anderes Objekt vor – eine Fotografie, ein Dokument oder ein persönliches Erinnerungsstück.

Mai 2023

Entlassbescheinigung, 1946

Größe

10,5 x 15,4 cm

Material

Papier, Tinte

Schenkung

Prof. Ulrich Lünemann

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Historische Einordnung

Am späten Abend des 8. Mai 1945 unterzeichnet eine Delegation der Wehrmacht in Berlin-Karlshorst die Kapitulationsurkunde. Damit ist der Zweite Weltkrieg in Europa offiziell beendet. Während des Kriegs starben bis zu 80 Millionen Menschen durch direkte Kriegseinwirkung und durch während des Krieges begangene Verbrechen.

Kurzbiographie

Johann Sebastian „Hans“ Dirnhofer wird 1923 in Amberg geboren. In den 1930er Jahren absolviert er eine Lehre zum Maschinenschlosser. In seiner Freizeit macht er eine Gleitfliegerprüfung. Diese Fähigkeit führt dazu, dass er mit 18 Jahren im Mai 1941 als Luftwaffenpilot in die Wehrmacht eingezogen wird. Am 10. Mai 1945 – zu diesem Zeitpunkt hat seine in Prag befindliche Einheit noch nicht mitbekommen, dass Deutschland kapituliert hatte – kommt Hans in Kriegsgefangenschaft und wird nach Sibirien gebracht.

Bedeutung des Objekts

1946 wird er – auch aufgrund einer Beinverletzung – recht bald nach München entlassen. Zeugnis dafür legt diese Bescheinigung ab. In Dachau durchläuft Hans den Denazifizierungsprozess und trifft auf einen amerikanischen Offizier, der sich als ehemaliger Schulkamerad herausstellt. Die jüdische Familie des Schulkameraden war 1938 in die USA geflohen. Hans‘ Vater, ein hoher Zollbeamter, hatte der Familie geholfen, deutlich mehr Güter auszuführen, als unter der ausbeuterischen Gesetzgebung der Nationalsozialisten erlaubt gewesen wäre. Der Offizier hat dies nicht vergessen und gibt Hans eine erste Unterkunft.

Nach seiner Rückkehr nach Hause heiratet Hans seine Jugendliebe Irmgard. Sein Vater verschafft ihm eine Stelle als Zollbeamter. Aber trotz der beruflichen Sicherheit ist das Land der Täter dem Paar zuwider. 1953 besteigen Hans und Irmgard Dirnhofer ein Schiff nach Kanada.

Beide finden Aushilfsjobs in einem Restaurant in Toronto. Nach einiger Zeit in verschiedenen Restaurants wirbt sie ein wohlhabender Kanadier für Haushaltstätigkeiten und Chauffeurdienste an. Nach sechs Jahren in Kanada entschließen sich Irmi und Hans, ein weiteres Mal neu anzufangen – diesmal in den USA.

Der gelernte Maschinenschlosser Hans arbeitet sich in den USA in der Baubranche hoch. Im Bauunternehmen Webcor wird er Teil der Führungsebene. Auch seine Frau Irmi ist bei dieser Firma als Büroleiterin im Personalsektor angestellt. Einige Jahre später gehen beide in Rente.

Obwohl das Ehepaar aus Deutschland kam und Hans Wehrmachtssoldat gewesen war, nahmen Kanada und die USA beide nur wenige Jahre nach Kriegsende auf und boten ihnen die Möglichkeit, die dortigen Staatsbürgerschaften anzunehmen. Hans und Irmi blieben bis an ihr Lebensende in den USA -  sie verstarben dort beide im Jahr 2013.

Haben auch Sie …

… eine Aus- oder Einwanderungsgeschichte Ihrer Familie zu erzählen und möchten diese mit den dazugehörigen Objekten und Dokumenten dem Deutschen Auswandererhaus für seine Sammlung übergeben? Dann kontaktieren Sie bitte Dr. Tanja Fittkau unter der Rufnummer 0471 / 90 22 0 – 0

oder per E-Mail unter: t.fittkau@dah-bremerhaven.de

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