Collage, 1980er Jahre

1972 wandert der 19-jährige Fruttuoso Piccolo als "Gastarbeiter" aus Italien nach Hannover ein. Sein Bruder, der bereits sechs Jahre zuvor seine Heimat verlassen hat, kam dafür extra nach Italien zurück und begleitete ihn auf seiner Reise. Fruttuoso arbeitete hier bis 1979 als Hilfsarbeiter. Seine Erfahrungen als Einwanderer mit der deutschen Sprache und mit Deutschland als Aufnahmegesellschaft lässt er in seine Werke aus Sprache, Kunst und Literatur einfließen. Diese sind Mischformen aus Poesie, Literatur, Collagen, Kunst und Fotografie und haben meist politische Bedeutung. Seit den 1980er Jahren nimmt Fruttuoso Piccolo an vielen Kunstprojekten und unterschiedlichen Ausstellungen in Deutschland teil, teilweise auch als Leiter. Heute lebt er zurückgezogen in Niedersachsen mit seiner Familie. Der wirtschaftliche Aufschwung des Nachkriegsdeutschlands führte dazu, dass der Bedarf an Arbeitskräften immer mehr anstieg. Deshalb unterzeichnet Deutschland mit Italien im Dezember 1955 erstmalig ein sogenanntes „Anwerbeabkommen“. Mit insgesamt sieben anderen Ländern wurden solche Abkommen in den darauffolgenden Jahren geschlossen. Die Zahl der ausländischen Beschäftigten stieg immer mehr an: waren es 1960 noch 280.000 Arbeitende, so waren es 1973 schon 2,6 Millionen Beschäftigte aus dem Ausland. 1965, zehn Jahre nach dem ersten Anwerbeabkommen, verabschiedete die deutsche Regierung das Ausländergesetz - Ausländer:innen sollten demnach eine Aufenthaltsgenehmigung erwerben. Deutschland verstand ausländische Arbeitende als "Gastarbeiter:innen" und hoffte darauf, dass sie in ihr Heimatland zurückkehren würden – viele von ihnen bleiben jedoch. Sie gründeten dort eine Familie oder holten ihre Familienmitglieder in ihre neue Heimat. 1973 kam es deshalb zum Anwerbestopp und zu restriktiveren Einwanderungsregelungen - und weiterhin zur Verweigerung der Politik, Deutschland als Einwanderungsland zu sehen.
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© Sammlung Deutsches Auswandererhaus, Schenkung Fruttuoso Piccolo

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1946–1989